Dienstag, 22. September 2015

Gipfeletappe! Der Morning Tea kommt heute etwas früher. Mitternacht werden wir geweckt. Schnell schlüpfen wir in unsere warmen Sachen. Im Gemeinschaftszelt wartet eine Nudelsuppe auf uns.

Dann packen wir noch ein paar Riegel und Nüsse ein. Kanji hat uns diese als Wegzehrung für die Gipfeletappe hingelegt.

Kang Yatze Besteigung

Draußen haben sich die Wolken größtenteils verzogen. Der Wind hat sich ebenfalls gelegt. Es sind ca. 4 Grad. Es hätte schlimmer kommen können.

Kurz vor 01:00 Uhr machen wir uns auf den Weg. Wieder geht es über Geröll hinauf. Den ersten Teil des Weges sind wir gestern bereits auf unsere Akklimatisationstour gelaufen. Nun sind wir mit unseren Stirnlampen unterwegs.

Der Weg zieht sich. Langsam und in Gänsemarsch steigen wir auf. Das Geröll ist teilweise überfroren. Immer wieder müssen wir aufpassen, dass wir auf den vereisten Steinen nicht ausrutschen.

Je höher wir kommen, um so dünner wird die Luft. Alle sind am schnaufen. So vergehen die Stunden in der Dunkelheit.

Als wir die Schneegrenze erreichen sind wir fast 4 Stunden unterwegs. Jetzt sind wir auf 5.670 Meter Höhe. Die Hälfte des Weges ist geschafft. Nun legen wir unsere Steigeisen an und trinken noch schnell einen Schluck heißen Tee. Schnell gehen wir weiter, damit wir in der Kälte nicht auskühlen. Noch immer ist die Sonne nicht herausgekommen.

Ab sofort geht’s auf dem Schnee weiter. Nun übernimmt Oliver die Führung. In seinen Fußspuren stapfen wir weiter den Berg hinauf. Dank der Dunkelheit kann ich nicht erkennen, an welchen steilen Hängen wir gerade unterwegs sind. Am Himmel funkeln nur ein paar Sterne zwischen den Wolken hervor.

Irgendwann gibt Tim auf. Für ihn reicht es heute. Er will nicht weiter aufsteigen. Mit Jigmet begibt es sich auf den Rückweg.

Langsam wird es heller. Der Tag erwacht, aber die Sonne versteckt sich hinter dicken Wolken. Nun wird es auch noch stürmisch und es beginnt zu schneien.

Wir kommen in steilere und spaltenreiche Passagen. Ab sofort geht es in Seilschaft weiter. Oli an der Spitze, danach ich und hinter mir folgen Guido, Daniela und Bernhard am Seil.

Ich habe das Gefühl heute könnte es mit meinem ersten 6.000er klappen. Langsam steigen wir weiter in Serpentinen auf. Immer wieder brechen wir im tiefen Schnee ein und müssen uns freigraben.

Der Berg wird immer steiler. Immer langsamer sind wir unterwegs. Eben noch dachte ich, heute klappt’s. Und nun trifft es mich wie mit einem Hammer. Ich laufe 5 Schritte und bin völlig fertig. Immer wieder muss ich stehen bleiben und nach Luft schnappen. Oliver versucht mich immer weiter zu motivieren.

Doch es geht irgendwann nicht mehr weiter. In der Seilschaft halte ich alle anderen ja auch auf. Deshalb ist es hier jetzt auch für mich vorbei.

Auf 5.980 m Höhe ist für mich Schluss. Nicht einmal die 20 Höhenmeter bis zur 6.000er Marke sind noch drin, geschweige denn bis zum Gipfel auf 6.170 Metern.

Ich klinke mich aus den Seilschaft aus. Ein paar Meter weiter unten will ich auf Jigmet´s Rückkehr warten und mit ihm dann gemeinsam absteigen.

Oli, Guido, Daniela und Bernhard gehen weiter Richtung Gipfel.

Schon bald ist Jigmet zurück. Er hat Tim bis zum Steigeisenpunkt gebracht. Von dort ist er allein weiter abgestiegen. Nun gehe ich mit Jigmet langsam zurück. Wir brauchen ewig. Meine Beine wollen nicht mehr. Im tiefen Schnee komme ich immer wieder ins Rutschen.

Doch irgendwann haben auch wir es wieder bis zum Steigeisenpunkt geschafft. Hier legen wir eine längere Pause ein. Heißer Tee und eine gute Portion Nüsse tun jetzt richtig gut.

Gurt und Steigeisen verschwinden wieder im Rucksack. Danach geht’s weiter über den Geröllpfad Richtung Basecamp.

Völlig fertig kommen wir wieder gegen 11:00 Uhr im Camp an. 10 Stunden vorher hat hier alles noch voller Hoffnung auf den Gipfel begonnen.

Tim liegt auch geschafft in seinem Zelt. Gemeinsam wärmen wir uns im Kochzelt am Feuer auf. Kanji füllt uns mit heißem Tee ab. Danach ziehen wir uns in unsere Schlafsäcke zurück. Ich will nur noch liegen.

Gegen 12:45 Uhr hören wir wieder ein paar bekannte Stimmen im Camp. Unsere erfolgreichen Gipfelstürmer sind wieder da. Alle vier haben gemeinsam am Gipfel des 6.171 Meter hohen Kang Yatze gestanden.

Nun sind auch sie völlig fertig und geschafft.

Sofort haben wir beschlossen, entgegen unseres ursprünglichen Planes heute nicht weiter nach Nimaling abzusteigen, sondern mindestens noch eine weitere Nacht hier im Camp zu verbringen. Es macht auch keinen Sinn im Schneetreiben die Zelte abzubauen.

Morgen wollen wir das Wetter abwarten und entscheiden wie es weitergeht.

Nach dem Abendessen sind wir alle in unseren Zelten damit beschäftigt, diese regelmäßig vom Schnee freizurütteln. Doch irgendwann schläft man halt doch ein.

Mitten in der Nacht werde ich munter, weil ich draußen Stimmen und Geräusche höre. Meine Zeltplane ist auch nur noch 10 Zentimeter von meiner Nase entfernt. Also raus in den Schnee und das Zelt freischaufeln. Tim und Guido sind dabei ihr Zelt wieder aufzustellen. Eine Zeltstange hat die Schneemassen nicht überstanden.

Nachdem ich mein Zelt wieder einigermaßen hergerichtet habe verläuft der Rest der Nacht ruhiger.

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