Am Scheideweg – Aufbruch zum Kala Pattar

Sonntag, 01.11.2009

Erstens kommt es anders und zweitens als man denkt! Für die meistens von uns ist es eine unruhige Nacht. Ein paar haben mit der Höhe zu kämpfen und andere haben sich einen Magen-Darm-Virus eingefangen.

Von Lobuche nach Gorak Shep und zurück nach Periche

Deshalb müssen nach dem Wecken neue Pläne geschmiedet werden. Sandra, Matthias und Helmut haben sich entschieden nicht weiter mit aufzusteigen, sondern wieder nach Periche abzusteigen. Lahkpa geht deshalb mit den Dreien später zurück.

Wolfgang, immer noch geschwächt, will weiter aufsteigen. Da unserer Reiseleiter Paul davon ausgeht, dass Wolfgang auf Dauer gesehen langsamer sein wird, besorgt er für Wolfgang einen extra Guide.

Wir anderen gehen mit Passang und Mingma verspätet Richtung Kala Pattar los. Mir geht es aber auch nicht wirklich gut. Ich bin einer der Kandidaten mit Magen-Darm-Virus. Ich will aber abwarten, ob es unterwegs besser wird.

Der Pfad führt uns immer am Khumbu-Gletscher entlang. Es weht ein kalter Wind. Über die Geröllmassen müssen wir uns unseren Weg nach Gorak Shep bahnen.

Gorak Shep ist ein kleiner Ort direkt am Fuß des Kala Pattar. Hier stehen nur noch ein paar Lodges und Teehäuser.

Immer wieder geht es auf und ab. Irgendwann kommen die Häuser von Gorak Shep in Sicht. Auf dem Weg habe ich mich entschieden, nicht mit den Aufstieg zum Kala Pattar zu machen. Stattdessen will ich in Gorak Shep warten. Die Probleme sind nicht weniger geworden und ich muss an den langen Rückweg bis nach Periche denken. Nach unserer jetzigen Planung werden wir nicht vor Sonnenuntergang zurück sein. Vielleicht bin ich nach meinen Erlebnissen im Sommer an der Alpspitze einfach nur vorsichtiger geworden.

In Gorak Shep legt unsere Gruppe noch eine Pause ein. Hier gibt’s nochmal Tee und eine Suppe zur Stärkung vor dem Aufstieg. Die Suppe lasse ich jedoch aus. Mir ist irgendwie nicht danach.

Da in Gorak Shep das Telefon nicht funktioniert, schickt Paul Passang zurück Richtung Periche. Er soll dort die Lodge organisieren. Denn ursprünglich war eine weitere Übernachtung nach dem Kala Pattar in Lobuche vorgesehen. Doch dort will keiner mehr von uns nochmal übernachten.

Passang geht zurück, ich bleibe im Teehaus und der Rest unserer Gruppe macht sich an den Aufstieg. In ca. 3 Stunden wollen sie zurück sein.

Ich schaue mich in der Zwischenzeit in der Umgebung um. Auch von hier aus kann ich den Khumbu-Gletscher gut sehen. Der berühmte Khumbu-Eisfall ist leider nur klein in der Ferne auszumachen und vom Mt. Everest sieht man von hier nur ganz wenig vom Gipfel. Der Rest wird vom Nuptse verdeckt.

Nach einer Weile kommen Ingrid und Hubert zurück. Sie haben Ihren Aufstieg abgebrochen. Auch den beiden geht es nicht so gut. Der Rest ist weiter gegangen. So warten wir zu dritt im Teehaus auf die Rückkehr der Gruppe.

Nach mehr als 3 Stunden kommen sie dann etwas später als geplant, geschafft aber freudestrahlend aufgrund Ihres Gipfelerfolges zurück.

Auch Wolfgang hat mit seinem Extraguide den Gipfel erreicht.

Wir bestellen nochmal warmen Tee, denn draußen pfeift ein eiskalter Wind. Alle können etwas Warmes vertragen.

Dann machen wir uns auf dem gleichen Weg, welchen wir gekommen sind, auf den Rückweg. Wieder geht es über Geröllhügel zurück Richtung Lobuche. Irgendwann kommt uns Passang entgegen. Da in Lobuche das Telefon wieder funktionierte, konnte er von dort aus die Lodge in Periche reservieren.

Wolfgang fällt mit seinem Extraguide mittlerweile immer weiter zurück. Der Gipfelaufstieg hat ihn doch sehr viel Kraft gekostet. Jetzt bleibt Passang bei ihm und sein Guide läuft vor nach Lobuche.

Paul hat Wolfgang vor eine Wahl gestellt. Aufgrund seiner Geschwindigkeit würde er erst sehr spät in Periche ankommen. Also heißt es für ihn, entweder nochmal in Lobuche übernachten oder einen Abstieg mittels Pferd akzeptieren. Da Wolfgang auf keinen Fall in Lobuche bleiben will entscheidet er sich für das Pferd. Außerdem sind seine Sachen ja auch schon wieder auf dem Weg nach Periche.

Sein Guide ist deshalb vorausgegangen, um mit einem Pferd zurückzukommen. Kurz bevor wir in Lobuche ankommen, kommt er uns auch schon entgegen geritten. Weiter hinten muss er nun Wolfgang einsammeln.

In Lobuche machen wir in einer anderen Lodge nochmal eine Teepause. Diese Lodge macht auch auf den ersten Blick einen besseren Eindruck als unsere. Vielleicht hätten wir uns hier den Virus nicht eingefangen. Dann hätte es eventuell auch mit dem Gipfel geklappt. Das lässt sich nun nicht mehr ändern. Gestern war halt alles ausgebucht. Das Angebot an Übernachtungsmöglichkeiten hier oben ist nun mal nicht so groß.

Paul drängt darauf, dass wir bald weitergehen. Trotzdem werden wir auf jeden Fall erst nach Sonnenuntergang ankommen.

Nachdem wir die Lodge verlassen haben, sehen wir Wolfgang wie John Wayne den Himalaya hinunterreiten. Er kommt gerade in Lobuche an. Wir machen uns aber auf den Weg. Wolfgang gönnt sich hier noch eine kleine Pause. Er muss ja noch die Bezahlung für die Rettungsaktion mit dem Pferd abklären.

Paul drückt aufs Tempo. Den Weg auf der Seitenmoräne des Khumbu-Gletschers nehmen wir in schnellem Schritt. Die Sonne steht mittlerweile schon sehr tief.

Wieder kommen wir an den Memorials für die Everest-Toten vorbei. Dann steigen wir den steilen Hang nach Dughla ab. Wir möchten gern die Abstiege beim letzten Sonnenlicht hinter uns gebracht haben. Dann brauchen wir nicht beim Lichte unserer Stirnlampen über das Geröll stolpern.

In Dughla wartet bereits Lahkpa auf uns. Er ist uns aus Periche entgegen gekommen. Da er die Wege hier sehr gut kennt, sind wir alle froh darüber nicht allein im Dunkeln zurück zu laufen. Auch erzählt er uns, dass es unseren drei Mitstreitern, die bereits früh zurückgegangen sind, wieder ganz gut geht. Die niedrigere Höhe in Periche hat sehr viel dazu beigetragen.

Als wir in das Tal von Periche zurückkommen, ist es stockdunkel. Unsere Stirnlampen erhellen nur einen kleinen Teil des Weges. Gott sein Dank haben wir die schwierigeren Passagen hinter uns.

Wolfgang hat uns unterwegs bereits auf seinem Pferd überholt und ist nun schon in unserer Lodge angekommen.

Wir müssen noch durch das Tal zurück. Wieder suchen wir den Weg über Steine durch kleine Bäche und Rinnsale. Das Wasser ist schon teilweise leicht überfroren.

Gegen 18:30 Uhr kommen auch wir wieder in unserer Lodge an. Wir sind erneut in „Himalayan Hotel“ untergebracht. Geschafft vom langen Tag werden wir von Sandra, Helmut und Matthias erwartet.

Jetzt gönne ich mir erst mal eine Dusche. Die hervorragenden Einrichtungen in dieser Lodge sollten doch genutzt werden.

Gegen 20:00 Uhr gibt es Abendessen. Aber mein Appetit ist immer noch nicht richtig zurückgekehrt.

Paul gibt eine erfreuliche Information bekannt. Das Frühstück ist morgen erst für 9:00 Uhr angesetzt, da der Weg nicht so lang ist. Damit können wir etwas länger schlafen.

Trotzdem liege ich 21:00 Uhr in meinem Schlafsack.

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