Samstag, 01.08.2009

Heute Morgen stößt noch Günter zu unserer kleinen Gruppe dazu. Er ist ein Bekannter von Oliver und auch bereits ein erfahrener Bergsteiger. Für uns zwei blutige Anfänger kann das nur gut sein. Mit der Seilbahn geht es zuerst auf den Osterfelderkopf auf der Alpspitze bis auf ca. 2050 Meter Höhe. Eine einfache Fahrt kostet zurzeit 15,50 Euro. Eine Rückfahrt benötigen wir ja nicht.

Den Osterfelderkopf nutzen auch viele Gleitschirmflieger als Startplattform. Hier gibt es hervorragende Möglichkeiten, diesem Hobby nachzugehen. Wir wollen jedoch klettern gehen.

Von der Bergstation aus führt ein Weg zum Einstieg in den Ferrata-Klettersteig. Dort angekommen heißt es zuerst einmal die Klettersteigausrüstung anlegen. Als erstes wird der Schutzhelm aufgesetzt, um vor möglichen Steinschlägen geschützt zu sein.

Gleich zu Beginn eines Klettersteiges wird immer eine sogenannte Schlüsselstelle eingebaut. D.h. die maximal auftretenden Schwierigkeiten sind hier vorhanden. Wer also diese Stelle meistert, sollte auf dem gesamten Klettersteig keine Probleme haben.

Günter klettert vornweg. Dann folgen Sandra und ich. Oliver bildet die Nachhut, um uns Anfänger etwas im Auge haben zu können.

Allein sind wir aber auf dem Klettersteig nicht. Aufgrund des guten Wetters ist heute recht viel los. Außerdem ist ja auch noch Wochenende.

Ab sofort heißt es die Sicherungskarabiner ins Seil einklinken und klettern. Nach einer Weile und ein bisschen Übung klappt es auch ganz gut und macht auch viel Spaß. Natürlich sind wir noch nicht die Schnellsten und lassen deshalb an geeigneten Stellen immer mal wieder geübte Kletterer vorbei. Aber wir gewinnen an Höhe. Und aufgrund der Sicherung hält sich meine sonst vorhandene Höhenangst auch sehr in Grenzen.

Der Klettersteig ist durch die Sicherungsseile und viele Metalltritte sehr gut gesichert. Für viele Kletterer schon wieder zu gut. Aber für Anfänger wie uns ist das meiner Meinung nach genau richtig. Irgendwo muss man ja auch mal damit anfangen können und trotzdem auf Nummer sicher gehen können. Geübte Kletterer nutzen an vielen Stellen gar nicht mehr die vorhandenen Sicherungsseile und klettern frei.

Die einfachsten Stellen auf dem Klettersteig sind ganz normale Wanderwege. Dann gibt es Passagen, an denen man über den Fels klettert. Dabei kann man sich immer in das vorhandene Sicherungsseil einklinken. An vielen Stellen sind Eisenstangen als Trittstellen in den Felsen gehauen. Über diese können wir die etwas schwierigeren Stellen gut überbrücken. An mehreren hohen, fast senkrechten Wänden sind Leitern aus Eisenbügeln angebracht. Eine Felskletterei wär an dieser Stelle so ziemlich unmöglich. Die höchste Leiter ist ca. 8 Meter hoch.

Mittlerweile ist es auch sehr warm geworden. Ab und zu machen wir deshalb auch mal eine Pause.

Irgendwann haben auch wir dann den Gipfel auf 2628 Metern Höhe erreicht. Auch hier sind wir nicht allein. Das Gipfelerlebnis müssen wir uns mit vielen anderen Kletterern teilen. Der Klettersteig ist halt sehr beliebt, doch das wussten wir vorher.

Auf dem Gipfel machen wir auch wieder eine Pause und nutzen die Zeit zu einem Gipfelfoto mit Gipfelkreuz. Das Wetter ist immer noch sehr gut. Deshalb haben wir auch eine super Aussicht auf die Umgebung.

Dann geht’s langsam weiter Richtung Höllentalangerhütte, unserem heutigen Tagesziel. Als Abstieg haben wir uns den Weg über die Grieskarscharte und Mathaisenkar ausgesucht. Doch auf diesem Weg erwischt es mich. Bereits kurz nach dem Beginn des Abstieges geht es los. Zuerst fängt es mit einem „Grummeln“ in Magen und Darm an, das sich ganz schnell in einen ausgewachsenen Durchfall entwickelt.

In der Grieskarscharte wird es immer schlimmer. Jetzt kommen auch noch Kreislaufprobleme und Schwindelanfälle dazu. Das alles macht die Kletterei natürlich nicht einfacher. Immer öfters brauche ich Pausen um mich erholen zu können. Günter und Sandra sind mittlerweile schon ein ganzes Stück voraus. Oliver ist in meiner Nähe geblieben.

Dann ist es soweit. Es geht nichts mehr. Ich komme keinen Schritt mehr voran. Aufgrund der Schwindelanfälle ist mir die Kletterei auch zu schwierig geworden. Anfangs versuchen Oliver und ein zweiter Kletterer, der bei uns vorbei kommt, mich zu stützen. Doch das alles hat keinen Sinn.

Wir entscheiden uns, einen Notruf abzusetzen und einen Rettungshubschrauber zu rufen. Günter ist zwischenzeitlich wieder zu uns heraufgekommen und Sandra wartet an der Stelle, bis zu der sie bereits abgestiegen ist.

Nach einer Weile hören wir den Hubschrauber kommen. Wir können beobachten, wir er zuerst weiter unten im Höllental nach uns sucht. Nachdem er höher gestiegen ist, hat er uns bald entdeckt. Doch direkt bei uns ist eine Landung unmöglich.

Deshalb wird der Rettungssanitäter weiter unten an einem Felsvorsprung im Schwebeflug aus dem Hubschrauber gelassen. Da zwischenzeitlich auch immer wieder Wolken aufziehen ist ein direkter Anflug auch nicht ganz ungefährlich für den Piloten.

Der Sanitäter entscheidet, dass ich an die Stelle muss, an der er auch aus dem Hubschrauber gestiegen ist. Eine Bergung an der jetzigen Stelle ist unter den Bedingungen nicht machbar. Also werde ich vom Sanitäter und von Oliver gestützt den Berg weiter herunter gebracht. Dort wo es zu eng wird, rutsche ich auf dem Hosenboden den Berg herunter. Günter bringt mir meinen Rucksack hinterher.

Nach einer Ewigkeit (so kommt es mir jedenfalls vor) kommen wir dann doch an dieser Stelle an. Als das Wetter es zulässt, ruft der Rettungssanitäter den Hubschrauber zurück. Dieser geht an dem Felsvorsprung wieder in einen Schwebeflug über und ich kann in den Rettungshubschrauber einsteigen.

Zu diesem Zeitpunkt sind wir alle noch der Hoffnung, dass ich eine Nacht zur Überwachung und Erholung im Krankenhaus bleiben werde und dann in den Gasthof nach Garmisch-Partenkirchen zurück kann. Doch leider habe ich mir einen mehrtägigen Krankenhausaufenthalt in Garmisch-Partenkirchen und eine weitere ambulante Behandlung zu Hause eingehandelt.

Oliver, Sandra und Günter können die Tour wie geplant fortsetzen und haben am nächsten Tag auch noch den Gipfel der Zugspitze erreicht. Doch da war ich nicht mehr mit dabei.

Aufgrund meiner Erlebnisse sieht man, dass selbst vermeintlich leichtere Klettersteigtouren mit großen Schwierigkeiten und durchaus Gefahren enden können, sobald unvorhergesehene Dinge oder Krankheiten passieren.

An dieser Stelle möchte im mich nochmal ganz herzlich bei Oliver, Günter und den Rettungskräften für Ihre Hilfe am Berg bedanken. Ohne sie wär ich sicher nicht vom Berg gekommen.

PS: Die hier veröffentlichten Fotos sind alle von unserem Mitstreiter Günter. Auch dafür vielen Dank.

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