Montag, 20. Mai 2013

4:00 Uhr! Es ist noch stockdunkel und eiskalt. Doch wenn wir zum Sonnenaufgang bei den Geysiren von El Tatio sein wollen müssen wir jetzt losfahren. Ausgestattet mit Daunenjacken und Wolldecken machen wir es uns im Bus bequem. Eine Heizung hat dieser nämlich nicht.

Geysire von El Tatio

So fahren wir durch San Pedro. Überall stehen Leute am Straßenrand und warten ebenfalls auf ihre Busse. Ich habe das dumpfe Gefühl, dass die alle nach El Tatio wollen und wir dort heute nicht allein sein werden.

Nach einer Stunde Busfahrt machen wir eine kurze Pause. Wir haben mittlerweile schon beachtlich an Höhe gewonnen und sind mitten im nirgendwo. Wir wollen uns kurz den Sternenhimmel ansehen. Ohne künstliche Lichtquellen ist dieser umso beeindruckender.

Dann setzten wir die Fahrt fort. Es ist noch immer dunkel und ziemlich kalt. Wie schon vermutet ist unser Bus auch nicht der einzige auf dem Weg zu den Geysiren. Und plötzlich passiert es. Vor uns sehen wir in der Dunkelheit jede Menge Warnblinklichter aufleuchten. Nichts geht mehr. Auf mehreren hundert Metern Länge Stau. Die Fahrzeuge stehen Stoßstange an Stoßstange. Wir befinden uns nämlich schon wieder mitten im Schnee.

Die Straße ist vereist und die Busse kommen nicht weiter. Schon wieder! Irgendwie ist diese Tour verhext. Sollen wir etwa erneut unser Tagesziel nicht erreichen und kurz vor dem Ziel umkehren müssen.

Kurzzeitig verschlechtert sich die Laune im Bus schlagartig. Doch nicht mit uns! Wir schnappen unsere Rucksäcke, schalten die Stirnlampen an und machen uns zu Fuß im Dunkeln auf den Weg. Bis zum Sonnenaufgang werden wir es so zu den Geysiren wohl nicht mehr rechtzeitig schaffen. Immerhin sind es noch knapp 15 Kilometer. Aber wir wollen nicht umkehren, ohne die Geysiren wenigstens gesehen zu haben.

Wir laufen an der Straße entlang. Einige Fahrzeuge, vor allem Pickups mit 4-Rad-Antrieb und guten Profilreifen kommen auch auf der vereisten Straße durch und überholen uns regelmäßig. Für unseren Bus besteht jedoch keine Chance.

So laufen wir schon eine knappe Stunde. Die Sonne ist bereits ausgegangen. Gerald und ich haben ein paar Meter Vorsprung vor dem Rest der Gruppe. Es sind noch immer gut 10 Kilometer bis zum Ziel. Plötzlich hält neben uns ein Pickup. Auf der Ladefläche hat es sich unsere Reisegruppe schon bequem gemacht.

Schnell springen Gerald und ich auch noch auf. 11 Leute auf dem Pickup, nun wisst ihr auch, was ich mit bequem meine.

Der Fahrer des Pickup hat Tobias wiedererkannt. Er war mit ihm als Guide mal in den Bergen unterwegs gewesen. Nun wollte er sich für die tolle Tour bedanken und hat uns deshalb alle mitgenommen.

So kommen wir, wenn auch leicht verspätet, doch noch bei den Geysiren an. Diese sind schon im vollen Gange und spucken heiße Wasserdämpfe in die Höhe. Es ist schon ziemlich beeindruckend, wie der Wasserdampf meterhoch aufsteigt. In der Luft liegt ein schwefelhaltiger und nach faulen Eiern stinkender Geruch. Allerdings nicht so stark, wie ich es erwartet hätte.

Nach und nach statten wir den einzelnen Geysiren einen Besuch ab. Große und Kleine, Schmale und Breite, alles ist dabei. Genau wie bei den Menschen.

Wo heißes Wasser existiert, da sind Badewannen auch nicht weit. Warum sollte es in El Tatio anders sein. Auch hier gibt es ein großes Becken mit heißem Wasser zu Baden. Ein paar aus unserer Gruppe nutzen die Gelegenheit und tauchen kurz in die Fluten.

Anschließend nimmt uns Luis, der Fahrer des Pickup auch wieder mit zurück. An ungefähr der gleichen Stelle, wo er uns aufgegabelt hat, lassen wir uns wieder absetzen. Hier wollen wir noch einen Bergrücken besteigen. Wir müssen noch etwas für unsere Höhenanpassung tun, morgen soll es ja auf den 5.600 m hohen El Toco gehen.

So wandern wir noch kurz abseits der Straße bis auf 4.500 m Höhe. Besser ein bisschen Akklimatisation, als gar keine. Außerdem müssen wir ja noch Jesus und unseren Bus suchen. Auf der Straße war nichts von ihm zu sehen. Von weiter oben versprechen wir uns einen besseren Weitblick.

Zuerst können wir auch von hier oben den Bus nicht entdecken. Tobis versucht mit unserem Satellitentelefon Jesus zu erreichen. Doch auch nichts. Deshalb haben wir Hoffnung, dass er sich noch in der Nähe befindet und mit seinem Telefon nur keinen Empfang hat.

Schließlich entdecken wir den Bus. Durch einen kleinen Hügel war die Sicht auf diesen versperrt. Nach einen längeren Pause auf unserem heutigen „Gipfel“ laufen wir zurück zum Bus. Jesus erwartet uns schon und ist froh, dass wir trotz aller Hindernisse die Geysire noch erreicht haben.

Auf der Rückfahrt nach San Pedro machen wir noch ein paar Fotostopps und einen Halt in Machuca. Hier in dieser Gegend sollte eigentlich am zweiten Tag unsere Tour stattfinden, welche komplett wegen der gesperrten Straßen ausgefallen war.

Am Nachmittag sind wir zurück in San Pedro.

Jürgen, Gerald und ich wollten eigentlich im zweiten Teil der Reise noch den 6.000er Guallatiri besteigen. Doch aufgrund der schlechten Wetterverhältnisse in den Bergen und der bisher auch nicht wirklich gut verlaufenen Höhenanpassung haben wir uns heute entschieden, diesen kleinen „Privatausflug“ in die Höhe abzusagen. Dort müssten wir auf über 5.000 m Höhe im Zelt übernachten und wer weiß, wieviel Schnee dort liegt.

Mal schauen, wie es morgen am El Toco zugeht. 5.600 m sind ja auch nicht schlecht.

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