Krakau – Ghetto & Judenviertel

Für heute steht eine ganztägige Führung durch die dunkelsten Kapitel Krakaus auf dem Programm.

Nach dem Frühstück erwartet uns bereits unsere Stadtführerin Monika in der Hotellobby. Die Zeit der deutschen Besatzung von 1939 bis 1945 steht heute im Mittelpunkt. Wir werden das Judenviertel und das ehemalige Ghetto Krakaus besuchen.

Krakau - Ghetto & Judenviertel

Vom Hotel aus laufen wir in das ehemalige jüdische Stadtviertel Kazimierz. Heute ein Stadtteil von Krakau war Kazimierz bis 1800 eine eigenständige Stadt.

Bereits im 15. Jahrhundert wurden Krakauer Juden nach Kazimierz umgesiedelt. Seitdem entwickelte sich der Ort zu einem Zentrum der Juden in Polen. Auch als Kazimierz Stadtteil von Krakau wurde blieben die meisten Juden in dem Stadtteil, auch wenn sie sich jetzt überall in Krakau niederlassen durften.

Zu Beginn der deutschen Besatzung lebten etwa 64.000 Juden in Krakau, das entsprach einem Viertel der gesamten Stadtbevölkerung.

Viele Synagogen sind aufgrund des heutigen jüdischen Feiertages geschlossen. Die alte Synagoge Krakaus können wir aber besichtigen. Sie ist die älteste, erhaltene Synagoge Polens. Der ursprüngliche Bau stammt aus dem 15. Jahrhundert.

Während des 2. Weltkrieges wurde das Gebäude von den Besatzern als Lager genutzt. Ein Großteil der Ausstattung wurde in der Zeit vernichtet bzw. ging verschollen. Nach dem Krieg wurde Ende der 50er Jahre die Synagoge renoviert.

Die Häuser hier im Stadtviertel sind wesentlich älter und oft weniger renoviert. Die Außenwände sind von den ehemaligen Kohlenheizungen noch heute rußgeschwärzt.

Auf unserem Weg durch das Judenviertel kommen wir an vielen verschiedenen Synagogen vorbei. Große, kleine – oft unscheinbar. Wenn uns Monika nicht darauf hinweisen würde, wären viele der Synagogen für uns von außen oft nicht als solche zu erkennen.

Wir kommen auch an der Jozefa-Straße 12 vorbei. Hier führt uns Monika in den Innenhof. Schon bald erkennen wir auch warum. Der Hof war Schauplatz in Steven Spielbergs Film „Schindlers Liste“. Dort versteckten sich während einer Razzia zur Auflösung des Ghettos verängstigte Bewohner vor den deutschen Soldaten.

Am „Neuen Platz“ in Kazimierz unterbrechen wir gegen Mittag unsere Stadtführung. Hier machen wir Mittagspause. Hier gibt es eine runde Markthalle mit vielen Imbissständen. Die meisten verkaufen Zapiekanki, einen beliebten polnischen Snack. Er ist vergleichbar mit einem Pizzabaguette. Natürlich müssen wir das probieren.

Danach setzen wir uns noch eine Weile in eine Kneipe in der Nähe und genießen die Pause. So können wir die Eindrücke des Vormittags verarbeiten, bevor es gleich im ehemaligen Ghetto mit der Führung weitergeht.

Über die „Kladka Bernatka“, eine neue Fußgängerbrücke über die Weichsel laufen wir nach der Mittagspause hinüber ins Stadtviertel Podgórze. Anfang März 1941 gab es den Befehl zur Einrichtung eines „jüdischen Wohnviertels“ in diesem Stadtteil. Bis zum 20. März 1941 mussten alle Juden Krakaus in das 600 mal 400 Meter große Ghetto umgezogen sein.

Das Ghetto wurde mit Mauern und Stacheldraht abgeriegelt. 15.000 Menschen wurden so in einem Gebiet eingepfercht, in dem vorher 3.000 Einwohner lebten.

Im Ghetto wurden Fabriken errichtet, hunderte Juden wurden auch zur Arbeit außerhalb des Ghettos verpflichtet. Viele arbeiteten auch in der Emailwarenfabrik von Oskar Schindler. Diese werden wir später noch besichtigen.

Reste der Ghettomauer sind in der Lwowska Straße erhalten geblieben. Eine Gedenktafel erinnert an die Juden:

„Hier haben sie gelebt und gelitten und sind von den Nazi-Henkern ermordet worden.
Von hier aus führte ihr letzter Weg in Vernichtungslager.“

Auf dem „Platz der Ghettohelden“, dem damaligen „Platz der Einheit“, erinnern große leere Stühle an die Helden des Ghettos. Hier befand sich eins der vier bewachten Tore zum Krakauer Ghetto. Er war der größte und wichtigste Platz innerhalb des jüdischen Wohngebiets. Auf dem Platz wurden Appelle und Selektionen abgehalten, hier wurden die Juden zur Deportation in die Konzentrationslager zusammengetrieben.

Während der Zeit des Ghettos gab es mehrere „Räumungsaktionen“ in denen Juden verhaftet, in die Konzentrationslager Auschwitz und Plaszow deportiert und dort ermordet wurden. Viele wurden direkt im Ghetto erschossen.

Am 13. März 1943 begann die endgültige Auflösung des Ghettos. Die als arbeitstauglich eingestuften Juden mussten vom „Platz der Einheit“ den Marsch ins Konzentrationslager Plaszow beginnen. Als sie abgeführt wurden, blieben auf dem Platz ihre Möbel zurück, welche sie eigentlich mitnehmen wollten.

Alle nichtarbeitstauglichen Bewohner des Ghettos, 2.300 alte und geschwächte Erwachsene sowie die Kinder wurden ins Vernichtungslager Auschwitz deportiert.

Wir laufen von hieraus weiter zur „Schindlerfabrik“. Zum Abschluss des heutigen Tages steht ein Besuch in der Fabrik an. Von der Fabrik selbst ist nichts mehr zu sehen. Im Gebäude befindet sich eine Dauerausstellung „Krakau während der Besatzung 1939 – 1945“.

Für diejenigen, welche die „Schindlerfabrik“ besuchen wollen, empfiehlt es sich bereits vorher Eintrittskarten zur reservieren. Ansonsten kann es passieren, dass vor Ort keine Karten mehr zu bekommen sind.

In den einzelnen Ausstellungsräumen sind viele historische Dokumente, Fotos und Plakate aus der Besatzungszeit zusammengetragen. Ein Raum zeigt einen damaligen Wohnraum im Ghetto mit Möbeln aus der Zeit. Hinter Küchenschränken wurden Geheimverstecke eingebaut, in welchen sich die Bewohner vor Razzien verstecken wollten. Geholfen hat es nur selten.

Nach dem Besuch der Fabrik ist unsere heutige Stadtführung beendet. Monika war eine tolle Führerin, welche uns viel Wissenswertes vermitteln konnte.

Mit der Straßenbahn geht es zurück Richtung Altstadt. Jetzt freuen wir uns auf eine Stärkung. Im Café Camelot gönnen wir uns Kaffee und Kuchen. Hier können wir die Erlebnisse des Tages sacken lassen. Ganz so einfach sind die Eindrücke dann doch nicht zu verarbeiten. Morgen wird es nicht einfacher werden.

Danach gehen wir kurz zurück ins Hotel. Wir wollen uns etwas frisch machen und ausruhen.

Zum Abendessen zieht es uns wieder zu Hauptmarkt.

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